
Gunther Grünewald
Geschäftsführer
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Haus geerbt, was tun? Ihre nächsten Schritte im Überblick
Ein Haus zu erben ist für viele Menschen ein emotionaler und zugleich rechtlich komplexer Moment. Neben der Freude über einen möglichen Vermögenszuwachs stehen plötzlich Fragen im Raum: Haus geerbt – was tun? Soll ich das Erbe annehmen oder ausschlagen? Welche Pflichten kommen auf mich zu? Und was mache ich mit der Immobilie? Behalten, vermieten oder verkaufen?
Ob alleiniger Erbe oder Teil einer Erbengemeinschaft: Jede Entscheidung kann finanzielle und rechtliche Folgen haben. In diesem Ratgeber zeigen wir Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie nach dem Erbfall richtig vorgehen, welche Fristen und Formalitäten Sie beachten müssen und wie Sie Fallstricke vermeiden. So gewinnen Sie Klarheit und können fundiert entscheiden, was mit der geerbten Immobilie passieren soll.
Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine fachliche Beratung. Trotz sorgfältiger Recherche übernehmen wir keine Gewähr für Richtigkeit oder Vollständigkeit.
Erbe annehmen oder ausschlagen? Das müssen Sie wissen
6-Wochen-Frist beachten nach dem Hauserbe beachten
Nach deutschem Erbrecht haben Sie nur 6 Wochen Zeit, um das Erbe auszuschlagen. Die Frist beginnt:
Ohne Testament: Ab dem Zeitpunkt, an dem Sie vom Tod des Erblassers erfahren haben
Mit Testament: Ab der offiziellen Eröffnung durch das Nachlassgericht
Finanzielle Situation prüfen
Vor Ihrer Entscheidung sollten Sie den Nachlass sorgfältig prüfen:
Grundbuch einsehen: Sind Hypotheken, Grundschulden oder Nießbrauchrechte eingetragen?
Schulden prüfen: Gibt es offene Kredite, Bürgschaften oder Steuerforderungen?
Zustand der Immobilie: Besteht Sanierungsbedarf oder Modernisierungsrückstau?
Wann sollte man ein geerbtes Haus ausschlagen?
In diesen Fällen ist eine Ausschlagung sinnvoll, wenn Sie ein Haus geerbt haben:
Der Nachlass ist überschuldet
Die Immobilie hat einen sehr hohen Sanierungsbedarf
Es gibt unklare Vermögensverhältnisse
Sie befinden sich selbst in finanziellen Schwierigkeiten
Tipp: Holen Sie sich bei Unsicherheit frühzeitig juristischen Rat oder beauftragen Sie einen Nachlassverwalter.
Nachlassverwaltung als Schutzmaßnahme
Wenn Sie das Risiko einer Überschuldung vermeiden wollen, aber das Erbe nicht ausschlagen möchten, können Sie beim Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung beantragen. Vorteil: Ihre Haftung ist dann auf das Erbe beschränkt, Ihr Privatvermögen bleibt geschützt.
Rechtliche Schritte nach der Erbannahme des Hauses
Wenn Sie das Erbe annehmen, übernehmen Sie nicht nur das Eigentum am geerbten Haus, Sie müssen auch rechtliche Formalitäten erledigen. Diese Schritte sind entscheidend, um als rechtmäßiger Eigentümer auftreten zu können und das Haus zu verwalten oder zu verkaufen.
1. Erbschein beantragen
Der Erbschein ist Ihr amtlicher Nachweis als Erbe. Er wird vom Nachlassgericht ausgestellt und ist erforderlich, um:
Das Grundbuch berichtigen zu lassen
Auf Bankkonten des Erblassers zuzugreifen
Bei Behörden und Versicherungen als rechtmäßiger Erbe aufzutreten
Frist: Es gibt keine feste Frist – Sie können den Erbschein auch Jahre später beantragen.
Wo beantragen? Beim Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers.
Kosten: Abhängig vom Nachlasswert (z. B. bei 300.000 € ca. 900 € inkl. Gebühren und Notarkosten).
2. Grundbuch berichtigen lassen
Obwohl Sie automatisch Eigentümer der Immobilie werden, müssen Sie das auch im Grundbuch eintragen lassen:
Innerhalb von 2 Jahren nach dem Erbfall ist die Berichtigung gebührenfrei
Danach fallen Gebühren an, abhängig vom Verkehrswert der Immobilie
Erforderlich: Vorlage des Erbscheins oder eines notariellen Testaments
Tipp: Ohne Eintrag im Grundbuch können Sie das Haus nicht verkaufen oder belasten.
3. Finanzamt informieren, dass sie das Haus geerbt haben
Nach § 30 Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) sind Sie verpflichtet, das Finanzamt innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Erbschaft schriftlich zu informieren.
Geben Sie dabei an:
Name und Adresse des Erblassers
Datum und Ort des Todes
Ihr Verwandtschaftsverhältnis
Art und Umfang des Erbes (Haus, Grundstücke, Geld, Wertgegenstände)
Anhand dieser Informationen prüft das Finanzamt, ob Erbschaftssteuer anfällt – dazu später mehr.
Optionen für das geerbte Haus
Nachdem Sie das geerbte Haus rechtlich übernommen haben, stellt sich die zentrale Frage: Was tun mit der Immobilie? Es gibt drei Hauptoptionen, jede mit ihren eigenen Chancen, Pflichten und steuerlichen Aspekten.
1. Selbstnutzung der geerbten Immobilie
Wenn Sie selbst in das geerbte Haus einziehen möchten, kann das nicht nur emotional erfüllend, sondern auch steuerlich vorteilhaft sein.
Vorteile:
Keine Erbschaftssteuer für Ehepartner, unabhängig von der Größe
Kinder erhalten Steuerbefreiung bis 200 m² Wohnfläche
Keine Spekulationssteuer bei späterem Verkauf nach Eigennutzung
Bedingungen:
Einzug innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall
10 Jahre Eigennutzung sind Pflicht, sonst droht nachträgliche Besteuerung
Immobilie muss selbst bewohnt werden, Vermietung ist nicht zulässig
2. Vermietung der geerbten Immobilie
Wenn Sie das Haus nicht selbst nutzen, aber behalten möchten, kann eine Vermietung eine lukrative Option sein, insbesondere bei guter Lage und solidem Zustand.
Wann sinnvoll?
Die Immobilie ist in gutem Zustand oder nur gering sanierungsbedürftig
Die Mieteinnahmen decken mindestens die laufenden Kosten
Sie wohnen in der Nähe und können die Verwaltung übernehmen – oder beauftragen einen Hausverwalter
Tipp: Mietverträge und Einnahmen sind bei der Erbschaftssteuer zu berücksichtigen, können aber auch steuerlich geltend gemacht werden.
3. Verkauf der geerbten Immobilie
Wenn Sie das Haus nicht selbst nutzen wollen, keine Mieteinnahmen benötigen oder sich eine Erbengemeinschaft uneinig ist, kann der Verkauf die einfachste Lösung sein.
Gründe für den Verkauf:
Hoher Sanierungsbedarf
Immobilie ist weit vom Wohnort entfernt
Sie benötigen das Kapital (z. B. für eigene Projekte)
Streit in der Erbengemeinschaft macht die Nutzung schwierig
Wichtig: Spekulationsfrist beachten:
Keine Spekulationssteuer, wenn der Erblasser die Immobilie mindestens 3 Jahre selbst genutzt hat
Ansonsten gilt eine Frist von 10 Jahren seit Erwerb durch den Erblasser, frühzeitiger Verkauf kann steuerpflichtig sein
Erbschaftssteuer: Was kommt auf mich zu?
Je enger die Beziehung zum Verstorbenen, desto höher der steuerfreie Betrag:
Verwandtschaftsgrad | Freibetrag | Steuerklasse |
| Ehepartner / eingetragener Partner | 500.000 € | I |
| Kinder / Stiefkinder | 400.000 € | I |
| Enkel (bei vorverstorbenen Eltern) | 400.000 € | I |
| Enkel (bei lebenden Eltern) | 200.000 € | I |
| Eltern / Großeltern | 100.000 € | I |
| Geschwister, Nichten, Neffen | 20.000 € | II |
| Alle übrigen Erben | 20.000 € | III |
Tipp: Ehepartner und Kinder zahlen häufig gar keine Erbschaftssteuer, wenn sie das Haus selbst nutzen oder der Wert unter dem Freibetrag liegt.
Wie wird der Immobilienwert ermittelt?
Das Finanzamt bewertet geerbte Immobilien mit standardisierten Verfahre, je nach Art und Nutzung:
Sachwertverfahren: für eigengenutzte Häuser
Ertragswertverfahren: für vermietete Immobilien
Vergleichswertverfahren: bei Eigentumswohnungen oder Reihenhäusern
Was tun, wenn der Immobilienwert zu hoch angesetzt wird?
Sie haben das Recht, ein unabhängiges Verkehrswertgutachten einzureichen, um die Steuerlast zu senken. Ein zertifizierter Sachverständiger oder erfahrener Immobilienmakler kann Ihnen dabei helfen.
Besonderheiten bei Erbengemeinschaften
Wenn mehrere Personen gemeinsam ein Haus erben (zum Beispiel Geschwister) entsteht automatisch eine Erbengemeinschaft. Das klingt zunächst gerecht, bringt aber oft rechtliche und praktische Herausforderungen mit sich.
Was ist eine Erbengemeinschaft?
Eine Erbengemeinschaft bedeutet, dass alle Miterben gemeinschaftlich Eigentümer der Immobilie sind. Kein Erbe kann alleine über das Haus verfügen (etwa verkaufen oder vermieten) ohne die Zustimmung der anderen. Das nennt man Gesamthandseigentum.
Entscheidungen nur einstimmig möglich
Wichtige Maßnahmen rund um das geerbte Haus müssen einstimmig getroffen werden, darunter:
Verkauf der Immobilie
Umfangreiche Sanierungen
Änderung der Nutzung (z. B. von Selbstnutzung zu Vermietung)
Achtung: Selbst ein einzelner Miterbe kann durch sein Veto die Entscheidung blockieren – das führt nicht selten zu Konflikten.
Verwaltung nach Erbquoten
Für sogenannte ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahmen (z. B. Heizungsreparatur, Abschluss von Versicherungen) reicht ein Mehrheitsbeschluss nach Erbquoten. Dennoch können selbst alltägliche Entscheidungen zum Streitpunkt werden.
Was tun bei Streit um das geerbte Haus?
Bei Meinungsverschiedenheiten in der Erbengemeinschaft gibt es folgende Optionen:
Auseinandersetzungsvertrag
Einvernehmliche Aufteilung des Nachlasses – zum Beispiel durch Auszahlung einzelner Erben.Verkauf des Erbanteils
Jeder Miterbe darf seinen Anteil verkaufen – auch an außenstehende Dritte.Teilungsversteigerung
Gerichtlich angeordneter Verkauf der Immobilie – meist nur als letzter Ausweg. Achtung: Häufig mit hohen Verlusten verbunden.
Tipp: Eine frühzeitige Einigung erspart Kosten, Nerven und langwierige Gerichtsverfahren.
Praktische Empfehlungen nach dem Haus-Erbe
Ein geerbtes Haus bringt Verantwortung, aber auch Chancen mit sich. Damit Sie als Erbe klug und sicher handeln können, finden Sie hier die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick:
1. Sofortige Maßnahmen nach dem Erbfall
Um späteren Stress zu vermeiden, sollten Sie möglichst zeitnah folgende Schritte einleiten:
Immobilienwert ermitteln
Lassen Sie den Verkehrswert durch einen Sachverständigen oder Immobilienmakler feststellen. Für Erbschaftssteuer, Verkauf oder Vermietung ist das essenziell.Grundbuchauszug anfordern
Prüfen Sie, ob Belastungen (z. B. Hypotheken) bestehen und ob das Haus schuldenfrei ist.Versicherungsschutz prüfen
Kontrollieren Sie, ob die Gebäudeversicherung weiterläuft und informieren Sie den Versicherer über den Erbfall.Laufende Kosten im Blick behalten
Grundsteuer, Energie, Instandhaltung: Kalkulieren Sie die monatlichen Fixkosten realistisch.
2. Sorgfältige Dokumentation
Erstellen Sie ein Nachlassverzeichnis, das alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten enthält:
Immobilien (mit Adresse, Größe, Zustand)
Konten, Wertpapiere, Versicherungen
Schulden und laufende Verpflichtungen
Das hilft Ihnen bei der Entscheidungsfindung und ist wichtig, falls Sie eine Nachlassverwaltung in Betracht ziehen.
3. Professionelle Beratung einholen
Erbschaften mit Immobilien sind komplex. Ziehen Sie bei Unsicherheiten folgende Experten hinzu:
Fachanwalt für Erbrecht
Bei rechtlichen Fragen, Erbengemeinschaften oder Streitigkeiten.Steuerberater
Für die korrekte Bewertung und steuerliche Gestaltung Ihrer Erbschaft.Immobilienmakler
Für eine objektive Marktwertanalyse und die Abwicklung eines eventuellen Verkaufs.Notar
Zur sicheren Gestaltung und Beurkundung von Verträgen, Erbscheinsanträgen und Grundbuchberichtigungen.
Fazit: Struktur und Klarheit führen zum Erfolg
Wenn Sie ein Haus geerbt haben, sollten Sie Ihre Entscheidungen nie überstürzt treffen. Eine strukturierte Vorgehensweise, von der Wertermittlung über rechtliche Schritte bis hin zur Auswahl der Nutzungsform, schützt Sie vor unerwarteten Belastungen und hilft, das volle Potenzial Ihrer Erbschaft zu nutzen.
FAQ
Haus geerbt – was tun?
Wenn Sie ein Haus geerbt haben, sollten Sie folgende Schritte einleiten:
Entscheidung treffen: Selbst nutzen, vermieten oder verkaufen.
- Finanzielle Situation prüfen (Schulden, Sanierungsbedarf).
- Erbschaft annehmen oder innerhalb von 6 Wochen ausschlagen.
- Erbschein beim Nachlassgericht beantragen.
- Grundbuch berichtigen lassen (kostenfrei innerhalb von 2 Jahren).
- Finanzamt innerhalb von 3 Monaten informieren.
Die Grundbuchberichtigung nach einer Erbschaft ist innerhalb von 2 Jahren nach dem Erbfall kostenlos (§ 60 GNotKG). Nach Ablauf dieser Frist fallen Gebühren an, die sich am Wert der Immobilie orientieren – in der Regel zwischen 0,5 % und 1,0 % des Immobilienwertes.
Die Erbschaftssteuer hängt vom Verwandtschaftsgrad und dem Verkehrswert der Immobilie ab. Es gelten folgende Freibeträge:
- Ehepartner: 500.000 €
- Kinder: 400.000 €
- Enkel: 200.000–400.000 €
- Alle anderen: 20.000 €
Liegt der Immobilienwert über dem Freibetrag, wird die Differenz mit 7 % bis 50 % besteuert, je nach Steuerklasse und Höhe des Erbes.
Beim Erben eines Hauses können folgende Kosten entstehen:
- Notarkosten (z. B. für Erbschein): ca. 1 % des Nachlasswerts
- Grundbuchberichtigung (nach 2 Jahren): 0,5–1 % des Immobilienwerts
- Erbschaftssteuer (je nach Freibetrag)
- Sanierung, Instandhaltung
- Grundsteuer und laufende Nebenkosten
- ggf. Makler- und Verkaufskosten (bei Veräußerung)
Ja, unter bestimmten Bedingungen ist ein steuerfreier Verkauf möglich:
- Wenn der Erblasser die Immobilie im Vererbungsjahr und den 2 Vorjahren selbst genutzt hat.
- Oder wenn der Erbe die Immobilie mindestens 10 Jahre lang selbst bewohnt.
Andernfalls kann Spekulationssteuer anfallen.
Bei geerbten Immobilien beginnt die 10-jährige Spekulationsfrist rückwirkend mit dem Zeitpunkt, zu dem der Erblasser die Immobilie erworben hat – nicht mit dem Erbfall. Ein Verkauf ist steuerpflichtig, wenn zwischen Erwerb durch den Erblasser und Verkauf durch den Erben weniger als 10 Jahre vergangen sind, außer bei Eigennutzung.
Eine geerbte Immobilie müssen Sie mindestens 10 Jahre halten, um sie steuerfrei verkaufen zu können – es sei denn, Sie oder der Erblasser haben sie selbst bewohnt. In diesem Fall ist ein Verkauf auch vor Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei möglich.

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